A.2.3 Ein Input aus der Psychoanalyse

Die Psychoanalyse versteht transgenerationelle Weiterwirkphänomene aus NS, Shoa, Krieg als Gefühlserbschaften (Freud 1913) der (Ur-/ Groß-)Elterngeneration, die über komplexe Übertragungsprozesse in das Unbewusste ihrer Kinder und (Ur-)Enkel hineinragen und deren Entwicklung aus einem Hintergrund beeinflussen, der ihnen weitgehend verschlossen bleibt.

Zum psychoanalytischen Verständnis transgenerationaler Übertragungen.
Angela Moré (2018d; In: SANP (Swiss Arch. Neurol. Psychiatr. Psychother. 169:2018 (8), Seite 232-240): Dieser Beitrag vermittelt die psychoanalytischen Vorstellungen von transgene­ra­­tio­neller Tradierung auf Täter- und Opferseite, die auch die Säuglings- und Bindungs­forsch­ung mit einbeziehen. So wird klarer, was unter der Verzahnung des psychischen Raums von Eltern und Kindern oder dem Ineinanderrücken der Generationen zu verstehen ist.

Die unbewusste Weitergabe von Traumata und Schuldverstrickungen an nachfolgende Generationen.
Angela Moré (2013), Journal für Psychologie, 21/2, Seite 1-34. Dieser Beitrag führt weiter aus, was A. Moré bereits in ihrem Ar­tikel Gefühlserbschaften. Die verborgene Sprache zwischen den Genera­tio­nen in der GESTALTTHERAPIE (2006, 20/2, Seite 74 - 87) zu vermitteln begonnen hat. Er differenziert dabei sowohl den Generationen- als auch den Trauma-Begriff für die Täter-/ Mitläufer- und die Opfer-Nachfahren und bezieht für die Weitergabe von Traumata auch die Kriegstraumafolgen mit ein.  

Übermittlung von Täterhaftigkeit an die nachfolgenden Generationen
von J. Müller-Hohagen (aus ebenda: Radebold, Bohleber, Zinnecker (Hrsg. 2008, S. 155 - 164): Transgenerationale Weitergabe kriegsbelasteter Kindheiten. Interdisziplinäre Studien zur Nachhaltigkeit historischer Erfahrungen über vier Generationen. Weinheim: Juventa, 2008, S. 155 - 164)
Ein Diskussionsbeitrag für diesen curricularen Fortbildungskontext und ein Erfahrungsbericht aus der Therapie- und - Erziehungs-/ Familien-Beratungsarbeit. Der Autor betrachtet das an den Rand drängen eines Kindes in der Familie und sein Auffällig-Werden im Kontext verdrängter transgenerationeller Übernahmen von Täterhaftigkeit und unbewussten Loyalitäten mit Nazi-Tendenzen und verbindet diese kritisch mit dem allgegenwärtigen Trauma-/ Opferbezug.

Gegenübertragung nach 1945 - fragmentarische Annäherungen
/ Dr. Jürgen Müller-Hohagen; In Luzifer-Amor. Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse. Geschichte der Gegenübertragung (1995/ 15, S. 109-141) Tübingen Dieser Beitrag reflektiert die Notwendigkeit des Einbezugs der Vergangenheit von NS und Überleben von Shoa, politischer Verfolgung in der Vergangenheit der Klient*innen und hebt hierzu den Wert eines psychotherapeutischen Arbeitens auf der Grundlage von Übertragung und Gegenübertragungsgefühlen, -impulsen hervor, um unbewusste Übertragungen im Sinne einer unbewussten Komplizenschaft mit den Täteranteilen bei den Klient*innen zu vermeiden. Der Autor veranschaulicht dies alles auch an einem Beispiel aus seiner eigenen Praxis und lässt hierzu auch die Patientenerfahrung zu Wort kommen.